Was ist Zähneknirschen (Bruxismus)?
Bruxismus ist eine weit verbreitete Funktionsstörung des Kausystems. Darunter versteht man unwillkürliche Aktivitäten der Kaumuskulatur, die sich durch Zähneknirschen, Kieferpressen oder ein Verschieben des Kiefers äußern. Am häufigsten tritt dieses Phänomen nachts auf – dann spricht man vom sogenannten Schlafbruxismus. Wird das Knirschen oder Pressen tagsüber beobachtet, handelt es sich um Wachbruxismus. Beide Formen können einzeln oder kombiniert vorkommen. Aus zahnmedizinischer Sicht ist Bruxismus nicht nur ein mechanisches Problem, sondern häufig Ausdruck tieferliegender körperlicher oder psychischer Belastungen. Die Folge sind nicht nur Zahnschäden, sondern auch Beschwerden im gesamten Kopf- und Nackenbereich. Doch was sind die Ursachen von Zähneknirschen und wie lassen sich diese behandeln?
Wer ist betroffen?
Zähneknirschen betrifft einen großen Teil der Bevölkerung – oft unbemerkt. Schätzungen zufolge leiden rund 20 % der Erwachsenen chronisch an Bruxismus. Viele weitere Menschen sind temporär betroffen, etwa in Phasen hoher psychischer Belastung. Auch Kinder zeigen mitunter knirschende Bewegungen, insbesondere im Milchgebiss – meist handelt es sich dabei um ein vorübergehendes Entwicklungsphänomen.
Studien haben in den vergangenen Jahren einen deutlichen Anstieg von Bruxismus-Fällen festgestellt, insbesondere im Zuge der Corona-Pandemie. Die vermehrte psychische Belastung durch Isolation, Existenzängste oder Mehrfachbelastungen im Alltag scheint ein relevanter Faktor zu sein.
Ursachen Zähneknirschen – ein komplexes Zusammenspiel
Die Ursachen für Zähneknirschen sind vielfältig und nicht immer eindeutig zuzuordnen. In vielen Fällen handelt es sich um eine sogenannte primäre Form, bei der keine erkennbare Grunderkrankung vorliegt. Bei sekundärem Bruxismus hingegen lässt sich die Aktivität der Kaumuskulatur auf eine andere Erkrankung oder äußere Einflüsse zurückführen.
Die häufigsten Ursachen im Überblick:
- Psychische Faktoren: Stress, innere Anspannung, emotionale Konflikte
- Kieferfehlstellungen (CMD): Craniomandibuläre Dysfunktion durch Zahnfehlstellungen oder ungünstige Bissverhältnisse
- Schlafstörungen: insbesondere Schlafapnoe mit Atemaussetzern
- Refluxkrankheit (GERD): Rückfluss von Magensäure kann nächtliche Kieferaktivität fördern
- Substanzeinfluss: Alkohol, Nikotin, Koffein und bestimmte Medikamente (z. B. Antidepressiva, Amphetamine)
- Neurologische Erkrankungen: z. B. Epilepsie, Parkinson
Wichtig ist: Oft kommen mehrere Faktoren gleichzeitig zum Tragen, was die Diagnostik und Therapie erschwert.
Symptome und Folgen
Bruxismus bleibt häufig lange unbemerkt – insbesondere Schlafbruxismus tritt im Unbewussten auf. Viele Patienten bemerken erst sekundäre Beschwerden oder werden durch Partner:innen auf Knirschgeräusche hingewiesen.
Typische Symptome und Folgen sind:
- Abrasionen (Zahnhartsubstanzverlust) – sogenannte „Schleifspuren“ auf den Kauflächen
- Zahnschmelzschäden, Risse, Zahnlockerung bis hin zum Zahnverlust
- Verspannungen der Kaumuskulatur, Schmerzen beim Kauen
- Kopf-, Kiefer-, Nacken- oder Rückenschmerzen
- Tinnitus, Schwindelgefühle, Schlafstörungen
- CMD kann sowohl Ursache als auch Folge sein
Wie erkennt man Bruxismus?
Die Diagnose erfolgt in der Regel durch den Zahnarzt. Erste Hinweise ergeben sich aus typischen Abnutzungsspuren, feinen Rissen im Zahnschmelz oder überempfindlichen Zahnhälsen. Auch der Zustand der Kiefermuskulatur und der Kiefergelenke gibt Aufschluss.
Betroffene klagen oft über:
- Schmerzen beim Kauen
- Druckgefühl im Kiefer
- morgendliche Kieferverspannungen oder Kopfschmerzen
- Geräusche beim Öffnen des Mundes (Kieferknacken)
In komplexen Fällen kann eine funktionelle Analyse des Kausystems (z. B. Funktionsdiagnostik, MRT) notwendig sein.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Bruxismus erfolgt individuell, je nach Schweregrad und vermuteter Ursache. Ziel ist, sowohl die Symptome zu lindern als auch die Ursachen des Zähneknirschens zu beeinflussen.
1. Zahnschienen
- Kunststoff-Aufbissschiene (Knirscherschiene) – schützt die Zähne vor weiterer Abnutzung (wird meist von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen)
- DROS-Schiene – zur Funktionsdiagnostik und Therapie bei komplexer CMD-Problematik (Privatleistung)
2. Stressbewältigung
- Entspannungsverfahren: Progressive Muskelentspannung, Yoga, Meditation
- Verhaltenstherapie und Achtsamkeitstraining (z. B. durch Reminder im Alltag)
3. Physiotherapie / Osteopathie
- Behandlung von Verspannungen und Fehlhaltungen
- Triggerpunkttherapie, manuelle Therapie, Haltungsanalyse
4. Biofeedback-Therapie
- Technische Rückmeldung über Muskelaktivität zur bewussten Kontrolle
5. Psychotherapie / Hypnose
- Bei psychosomatischer oder emotionaler Ursache
6. Medikamentöse Therapie
- In Ausnahmefällen: Muskelrelaxantien oder Botulinumtoxin (Botox)-Injektionen zur Entspannung der Kaumuskulatur (Privatleistung)
Was zahlt die Krankenkasse?
Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt in der Regel die einfache Aufbissschiene. Andere Maßnahmen gelten als individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL):
Maßnahme | Kassenleistung? |
Aufbissschiene (einfach) | Ja |
DROS-Schiene | Nein (Privat) |
CMD-Funktionsanalyse | Nein (Privat) |
Botox-Behandlung | Nein (Privat) |
Zahnersatz nach Bruxismusfolgen | Nur Festzuschuss |
Zusatzversicherung | Empfehlenswert |
Fazit: Ursachen von Zähneknirschen oft komplex
Zähneknirschen ist nicht immer ein harmloses Alltagsproblem, sondern kann auch gravierende Folgen für die Zahngesundheit und das gesamte Kausystem haben. Da die Ursachen von Zähneknirschen oft komplex und vielschichtig sind, ist eine individuelle, interdisziplinäre Diagnostik und Therapie entscheidend. Frühzeitig erkannt, lassen sich Schäden effektiv begrenzen und Beschwerden nachhaltig lindern.

Dr. med. dent. Claus Westerberg
Fachzahnarzt für Oralchirurgie,
Master of Oral Medicine in Implantology
Tel.: 05451/2557
E-Mail: kontakt@dr-westerberg.de